Die Geschichte vom Tod des Heiligen Liudger, der das Kloster Werden gründete, wurde in mündlicher Überlieferung zur Legende. Nach seinem Tod am 26. März 809 in Billerbeck wurde sein Leichnam ins nahe Münster gebracht, wo er seit 805 erster Bischof war. Doch der Tote wollte keine Ruhe finden und erschreckte die Münsteraner aus dem Sarg heraus: „Hier will ich nicht begraben sein!“ So spannte man den Totenschrein auf einen Ochsenkarren, der sein Ziel ganz ohne Kutscher fand. Die Tiere zogen den Leichnam bis vor die Abteikirche, im Werdener Bereich auf einem Weg, der später zu einer Flurprozession Anlass gab.
Liudger, so sein Taufname, lateinisch Liudgerus oder Ludgerus und in Werdener Mundart Lürs, um 742 als Sohn christlicher Eltern nahe Utrecht geboren, war Mitglied eines angesehenen friesischen Adelsgeschlechts und früh für eine geistliche Laufbahn bestimmt. In den Domschulen Utrecht und York wurde er ausgebildet, in England 767 zum Diakon geweiht, am 7. Juli 777 in Köln zum Priester. Seine Missionstätigkeit begann in Friesland, Frankenkönig Karl der Große ernannte ihn zum Missionsleiter dort sowie später für das westliche Sachsen und übertrug ihm die Leitung eines Klosters. Liudgers Erfolg lag nicht in der zwangsweisen Missionierung, sondern in der friedlichen durch Überzeugungsarbeit und Predigten. Schon bald reiften in ihm Pläne einer eigenen Klostergründung. Fündig wurde Liudger schließlich in Werden an der Ruhr, wo er schon seit 796 Land erwarb. Bei einer Pilgerreise soll er in Rom Salvator-, Marien- und Apostelreliquien erhalten, in Montecassino die Regeln des Benediktinerordens erlernt haben. 799 gründete Liudger dann sein eigenes Kloster, die Benediktinerabtei Werden, deren Kirche er am 9. Juli 808 als Bischof von Münster weihte. Dieses hohe Kirchenamt im Missionsgebiet Westfalen bekleidete er seit dem 30. März 805. Seine Liebe zu Werden ging dabei nicht verloren. Als Liudger auf einer Reise durch seinen kirchlichen Bezirk 809 starb, brachte man seinen Sarg von Billerbeck nach Münster, einen Monat später nach Werden. Am 28. April 809 wurde er seinem Wunsch entsprechend außerhalb der Abteikirche an einer Stelle beigesetzt, von der er an einem Baum zu Lebzeiten die Bauphase seines Klosters beobachtet hatte. Seit Errichtung der Krypta Jahre später ist sein Grab in die Kirche einbezogen. Liudger's Verehrung setzte früh ein, wurden ihm doch einige Wunder zugeschrieben, auch noch nach seinem Tod. So soll er Menschen mit Augenkrankheiten oder Beinleiden geheilt, bei der Rückkehr eines vermissten Jungen geholfen, im Münsterland eine Graugänseplage zurückgedrängt und eine Dürreperiode beendet haben. Seine Grabstätte errang schon bald den Rang eines regionalen Wallfahrtsortes. So war der Schritt zu einer Heiligsprechung (Kanonisation) nicht aufzuhalten. Damals lag die Entscheidung noch nicht beim Papst (erst ab 993), sondern bei den regionalen Kirchenoberen. Liudger ist unstreitig als Heiliger anerkannt, nicht nur in Werden.
Als Dank für die Abwehr einer Hungersnot nach einer Schlechtwetterzeit legte Bernhard von Wevelinghoven (1125-1138), 28. Abt in Werden, das Gelübde ab, die Gebeine Liudgers im Rahmen einer feierlichen Prozession durch den Ort tragen zu lassen. Seit dem Jahre 1128 gibt es diese Prozession, auch St. Lürsweg oder Ludgerustracht genannt. Im Jahr 1721 ließ Abt Theodor Thier (1719-1727) durch Pater Stephan Horster (auch Hörster) vier baugleiche Heiligenhäuschen errichten, der Tradition von Flurprozessionen folgend im Norden bei Viehausen in Fischlaken, im Osten bei Kimmeskamp in Fischlaken, im Süden im Heidhauser Felde und im Westen auf dem Pastoratsberge. So konnte das Evangelium in alle vier Himmelsrichtungen verkündet werden. Um 1900 kam ein weiterer Bildstock hinzu, geschaffen von dem Bildhauer Jaeger. Dieser wurde an der Ecke Ludgerusstraße/Hafenstraße (heute Neukircher Mühle) aufgestellt und war fortan Station 1 von dann 5 Haltepunkten. Die Vergebung der Schuld war dort Inhalt des Gebetes. Nach Bau eines Hauses stand dieses Heiligenhäuschen vor einer Zufahrt. 1974 wurde es beim Zurücksetzen eines Fahrzeugs unwiederbringlich zerstört. Zunehmende Bebauung am St. Lürsweg war schon zuvor Grund, die Flurprozession nach dem 1. Mai 1967 einzustellen. Es gibt sie aber bis heute im Werdener Bereich, auf kürzerem Weg und ohne Besuch der „Heiligenhüsken“. Zum 1175. Todestag des Heiligen Liudger fand am 4. Mai 1984 nochmals die große Runde statt. Vier Pferde zogen dabei die Kutsche, auf ihr der Schrein mit den Gebeinen des Heiligen. Der erste silbervergoldete Prunkschrein für die Reliquien ging in der Barockzeit verloren. 1787 fertigte der Essener Silberschmied Schiffer einen neuen Prozessionsschrein. Gernot Rumpf schuf 1984 den derzeitigen bronzenen Sarkophag in Form der Basilika. Ende 2007 wurde der Sarg geöffnet und sein Inhalt mehrere Monate im Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern in Essen-Schuir wissenschaftlich untersucht. Das Sterbealter und auch der soziale Status decken sich mit Liudger, so dass die Authentizität der Reliquien gesichert ist. Die Zeit der Flurprozession wechselte im Laufe der Jahrhunderte. So gab es sie am Sonntag nach Kreuzerfindung/Kreuzauffindung (3. Mai) oder am Abend vor dem Fest des Apostels Bartholomäus (24. August) und letztlich am ersten Sonntag im September.
Heiligenhäuschen/Bildstöcke von 1721: Station 1 am Viehauser Berg mit der übersetzten Inschrift: „Zu Ehren des Heiligen Ludgerus, des ersten Bischofs von Münster, hat dieses Häuschen erbauen lassen der ehrwürdige Pater Stephan Horster, Mönch zu Werden, im Jahre 1721.“ Hier betete man um Schutz vor ungünstiger Witterung.
Station 2 an der Fischlaker Straße: Bildstock erbaut 1721 auf Veranlassung des 63. Werdener Abtes Theodor Thier. Dargestellt ist Liudger, der den Sänger Bernlef von der Blindheit heilt. Auf dem Sockel die Inschrift „In hoc signo vinces“ (In diesem Zeichen wirst du siegen. Römischer Kaiser Konstantin der Große, Zitat von 312). Um die Erhaltung des Glaubens wurde hier gebetet.
Station 3 an der Jacobs-/Barkhovenallee mit der übersetzten Inschrift: „1721 von dem hoch ehrwürdigen Abt Theodor gestiftet und von Bruder Stephanus Hörster, Mönch zu Werden, errichtet.“ Die Aussage und Anrufung vor diesen Errichtungsdaten in der Übersetzung der lateinischen Sprache: „Heiliger Liudger, Wundertäter, bitte für uns in der Stunde unseres Todes.“ Das Gebet an dieser Stelle richtete sich an gute Ernte und dass sie vor Schaden bewahrt bleiben möge.
Station 4 am Pastoratsberg, in Höhe des ehemaligen Froschenteichs, mit der übersetzten Inschrift: „Werden, wahrer Patron Ludgerus, beschütze. Der Feind möge in die Hölle fahren, wenn Böses Pluto anrichtet. Bruder Stephan Horster Mönch zu Werden hat errichtet 1721. Gemacht, aufgestellt M.P.“ Der Papst, die Bischöfe und der Frieden in der Welt waren hier Thema des Gebetes. Der Bildstock wurde 1971 zerstört und entsorgt. Zum 300. Jubiläum ließ der Werdener Bürger Horst Giesen, auch Vereinsmitglied des TC Am Volkswald, die Station durch den Steinbildhauer Thorsten Stegmann wieder aufbauen, am 18. Juni 2022 war die feierliche Weihung.
Die Wanderung folgt in wesentlichen Teilen dem Weg der ursprünglichen Flurprozession und der aktuell kleineren Route. Die meisten Straßen und Wege werden begangen oder berührt. Parallel verlaufende Waldwege oder verkehrsarme Verbindungen wurden gewählt, um eine wanderfreundliche Variante anzubieten. Die Tour ist etwas über 8 Kilometer lang und in 3 Stunden bequem zu gehen.
Basilika/Propsteikirche St. Ludgerus (Krypta mit dem Sarkophag in Form der Basilika)-Ampel über Brückstr. (B 224) zur Propsteistr.-nach Haus Fuhr und Pattbergstr. links schmalen Weg und Treppe über Wigstr. in Dudenstr.-durch Parkanlage Dückerstr. (ehem. Friedhof) an Luciuskirche vorbei in Neukircher Str.-rechts zur Ludgerusstr. (ehem. Station 1 ab ca. 1900)-Rondell-geradeaus Fußweg zur Bedastr.-links, dann Fußweg rechts zur Huffmannstr.-Umstr. bergan-rechts in Urbachstr., vor der Grundschule links auf Fußweg nach oben zur Umstr.-rechts bis Viehauser Berg-links bis Einmündung Lürsweg (ursprüngliche Station 1)-rechts in Lürsweg-rechts in Rebenranke-geradeaus auf Fußweg über Wintgenstr. in Kimmeskampweg-rechts in Fischlaker Str. (ursprüngliche Station 2)-links Hammer Str., Straße überqueren-Am Schwarzen Waldweg nach unten-im Tal rechts Waldweg zum ehemaligen Sportplatz-geradeaus bis Ende des Platzes-rechts bergan auf Waldweg zur Straße Am Volkswald-rechts zur Heidhauser Str. (B 224), diese überqueren-links bis Bäckerei-rechts Grüters Gasse-links Bremerstr.-geradeaus Hinterm Rathaus-rechts Jacobsallee (ursprüngliche Station 3)-rechts Barkhovenallee-nach An der Braut rechts in kleine Nebenstraße, vorbei am Theodor-Mintrop-Denkmal, über Treppe zum Spielplatz, weiter geradeaus auf Fußweg-links in Barkhover Feldweg (alternativ vorher schmaler Pfad links vom Brachland möglich)-links Oberer Pustenberg-Klemensborn überqueren in Pastoratsberg (ursprüngliche Station 4)- geradeaus Richtung Jugendherberge-vorher Waldweg rechts-in Höhe der Herberge links halten(Aussicht auf Werden und Basilika)-am Ende Waldweg rechts bergab-am Ende rechts leicht bergan-kurz danach Waldweg links nach unten zum Klemensborn-an den geologischen Aufschlüssen in Albermannstr.-links Velberter Sträßchen nach unten- rechts Klemensborn-rechts Kellerstr., sofort links über Parkplatz auf Gelände der Folkwang Universität der Künste-vorbei am Kräutergarten zur Basilika.
An der von Meinhard Brummack für den Tennisclub und die Gastronomie durchgeführten Wanderung nahmen 25 Personen teil, Start und Ende am Clubhaus. An jeder Station gab es Informationen und auch Anekdoten. Auf halber Strecke hatten Elisabeth und Klaus im Garten der Wanderfreundin Kordula nahe der Ruhr einen kleinen Imbiss vorbereitet, gekrönt durch besondere Miniäpfel von Gudrun sowie Kuchen von Petra und Christel. 30 Minuten später ging es weiter Richtung Rondell und Bedastraße. Aus früheren Gärten wurde hier Bauland der katholischen Kirche. Wer bei den Flurprozessionen besonders positiv auffiel, erhielt den Zuschlag, so der Volksmund. „Gelobt-sei-Jesus-Christus-Siedlung“ ist daher die liebevolle Bezeichnung. An der Fischlaker Straße lockten früher die Gaststätten Strunzhütte und Zum Schwarzen vor allem männliche Gläubige. Sie kehrten ein, gönnten sich ein paar Bier, gingen die Hauptstraße herunter und waren zeitgleich mit der Prozession in der Kirche. Die Wandergruppe hatte kurz darauf ebenfalls ihr Ziel erreicht. Im Club warteten Gastronom Pietro Arcoria und sein Team mit leckeren Köstlichkeiten aus der italienischen Küche. Noch einige Zeit saß man gemütlich beieinander. Eine Fotomappe mit den Highlights der Wanderung machte die Runde, ein Mitnahmeblatt mit allen Informationen lag aus. Gemeinsam gesungene Lieder, die Meinhard mit Gitarre begleitete, ließen den Wandertag ausklingen.
Meinhard Brummack, 11. November 2024
Quellen: Werdener Nachrichten, Geschichten aus der Werdener Geschichte, Band 2 Werden-Gebiete erzählen
Foto: Ludger Schmücker